Hüttenwerkplatz

Hüttenwerkplatz

Der Hüttenwerkplatz, der einstige zentrale Platz des Eisenhüttenwerkes mit Faktorhaus und Glockenstuhl

Ab 1753/54 entstand auf Befehl des preußischen Königs Friedrich II nahe dem Dorf Torgelow eine Eisenhütte. Der Hüttenwerkplatz, der in seiner Anfangszeit Hüttenhof genannt wurde, bildete den zentralen Platz des Eisenhüttenwerkes. Nahe der Mitte des Platzes befindet sich ein Glockenturm.  Technischer Kern der neuen Eisenhütte war der 1756 geschaffene Hochofen, der der erste seiner Art in Pommern war. Er entstand nahe der Uecker an einem begradigten Flussteil südlich des Hüttenwerkplatzes. Der Hochofen verarbeitete zunächst das örtlich anstehende Raseneisenerz, das unter Einsatz der Hölzer bzw. der Holzkohle aus den umliegenden Wäldern geschmolzen wurde. Es entstanden landwirschaftliche und in den häuslichen Bereichen benutzbare eiserne Geräte sowie Munition samt militärischem Zubehör für die preußische Armee. Ohne die Anbindung an die Uecker wäre dieser industrielle Kern der Region nicht lebensfähig gewesen. Der Fluss lieferte die Energie für die Hammerwerke und stellte den Transport der Rohstoffe und Endprodukte sicher. Bis zum Ende des königlichen Betriebes 1861 verarbeiteten die Hüttenwerker über mehr als 100 Jahre hinweg insgesamt mindestens 102.000 t Raseneisenerz und 81.000 t Holzkohle. Daraus entstanden 25.000 t gebrauchsfähiges Eisen, davon entfielen 9.000 t auf militärischen Bedarf. Nach der Privatisierung 1861 entstand zunächst das Hüttenwerk Vollgold, dem dann bis 1910 weitere 13 Gießereien und Eisen verarbeitende Fabriken in Torgelow folgten. Der Glockenturm entstand 1811. Die  beiden Glocken sind im selben Jahr in der Torgelower Hütte aus Raseneisenerz gegossen worden. Sie wurden mit dem preußischen Wappen und der Bezeichnung „Torgelow“ verziert. Die Tradition der Eisenverarbeitung lebte hier bis 1991 weiter. Eine Maschinenbauabteilung des VEB Gießerei- und Maschinenbau „Max Matern“ Torgelow produzierte am historischen Ort bis zur Standortaufgabe. Der Aufbau und der Betrieb des Werks wurden durch zwei Beamtegeführt, die heute in etwa dem Betriebsleiter (damals Amtmann, Dirigent) und seinem Inspektor (damals Faktor) entsprachen. In den Jahren 1756 - 1766 trat Leutnant Christian Ludwig v. Restorff als Amtmann, Pächter und Dirigent auf, Johann Ludwig Billerbek fungierte als Faktor. Im Haus befanden sich zwei Wohnungen, einige administrative Räume und die Vorratskammern. Das Faktorhaus beherrschte den Hüttenhof bzw. den Hüttenwerkplatz. Es lag an der Nordflanke dieses Platzes, die Hütte an der Südseite in Ueckernähe. Die beiden Flanken sind heute noch von Fachwerkhäusern mit kleinen Gärten umrahmt, in denen die Arbeiter der Anlage wohnten. Das Faktorhaus stand bis weit nach 1990 „im Dienst“. Das Königliche Eisenhüttenwerk hatte bis 1861 hier seinen Mittelpunkt, dann begann die Zeit des privaten Betriebes Vollgold, dem die Firma Freundel bzw. das Märkische Elektrizitätswerk mit Sitz in Eberswalde bis 1945 folgte. Nach1945 entstanden wieder Wohnungen im Haus, ab 1971 bis 1990 fungierte das Gebäude als Schulhort. Später erfolgten unterschiedliche Nutzungsansätze, z. B. als Suppenküche, Polizeistation und museale Einrichtung unter Federführung eines Vereins. Eines der Fachwerkhäuser wurde in seiner ursprünglichen Bausubstanz erhalten und diente von 1976 bis 1987 als Heimatstube. Danach erfolgten Führungen nur noch sporadisch bzw. auf Nachfrage. 1995 wurde der Bestand ausgelagert und das Museum wegen baulicher Mängel als öffentliche Einrichtung geschlossen. Ein wesenliches Merkmal des Hüttenwerkplatzes ist neben dem Glockenstuhl und dem Faktorhaus auch ein Gedenkstein mit vier Schriftplatten, der 1928 zu Ehren der im 1. Weltkrieg gefallenen Mitarbeiter der Vollgold AG eingeweiht wurde. 1972 wurde das Denkmal restauriert und die Schriftplatten durch neue mit den Namen von antifaschistischen Widerstandskämpfern ersetzt. Im Zeitraum 2016 bis 2018 erfolgte eine Neugestaltung des Hüttenwerkplatzes und der angrenzenden Denkmale bzw. Bauten. Das Faktorhaus wurde 2018 an einen privaten Investor verkauft. Dieser wird das Gebäude, unter Einhaltung der denkmalspflegerischen Zielstellung, für barrierefreien Wohnraum mit flexiblem Zuschnitt umbauen.

1754              Errichtung des Faktorhauses, Verwaltungsgebäude mit 2 Wohnungen für den Hüttenpächter und den 
                       Hüttenfaktor des Königlich-Preußischen Eisenhüttenwerkes Torgelow
nach 1932     Märkisches Elektrizitätswerk, Sitz Eberswalde (Eigentümer bis ca. 1945), danach Eigentümer Stadt Torgelow
1945 bis        Nutzung als Wohnungen (bis ca. 1970)
1971              Schulhort im gesamten Gebäude (bis ca. 1990)
1992              Suppenküche der Arbeitsloseninitiative (bis 2004)
1993              Geschäftsstelle, Büro für Familienhilfe, Kleiderkammer und Schneiderstube der AWO (bis 1997)
1995              Nutzung einiger Räume durch die Polizei (bis 1997)
1997              Kulturhistorisches Museum mit Begegnungsstätte in einem weiteren Bereich des Gebäudes, betrieben über
                       die GABS (bis 2003)
1997              Beratungsbüro und Schneiderstube durch die Arbeitsloseninitiative (bis 2005)
ab 2003         Auftrag eines Nutzungskonzeptes durch die Stadt Torgelow an die Ernst-Alban-Akademie Rostock und  
                       anschließende Diskussion in einer Agenda-Gruppe ab April 2003
2004              Bau eines Modells „Anlage Hüttenwerkplatz mit Faktorhaus“ im Maßstab 1:100 und des Faktorhauses mit ab-
                       nehmbaren Etagen im Maßstab 1:25
ab 2005         Private Kantinenversorgung im Küchenbereich des Hortes
2006              Verzeichnung von Bauschäden aufgrund von Feuchtigkeit, Aufgabe der letzten Nutzung
                       (Küche mit Essenausgabe)
2007              Eine Idee, den Bereich als Hotelanlage mit historischem Flair zu bebauen, scheitert an Genehmigungen
2016 - 2018  Neugestaltung des Hüttenwerkplatzes mit Sanierung des Glockenstuhls und Gedenksteins, Verkauf des           
                       Faktorhauses zur Schaffung von Wohnraum an einen privaten Investor.